Donnerstag, 11. Juli 2013

Eindrücke aus dem Krankenhaus

Heute nochmal ein kurzer Einblick in meine Arbeit hier im Krankenhaus.


Einige Tage durfte ich im Labor mithelfen. Am Häufigsten werden Malaria-Tests, Urinuntersuchungen, Stuhlproben und Blutbilder angefordert.


Hier versuche ich mich an der Malaria-Diagnostik. Es ist wirklich schwer die von Malaria befallenen Zellen zu entdecken.


 Bluttests habe ich auch häufig durchgeführt:

Das OP-Team bei einer Uterusentfernung:



 Ein tansanischer Abwurfbehälter für spitze Gegenstände:


Letztens kam ein Patient mit einem verbundenen Finger in die Ambulanz. Er war ein leicht angetrunkener Arzt. Seiner Erzählung nach hat er sich vor wenigen Stunden ein Drittel seines kleinen Fingers amputiert. Angeblich hat er den Finger beim Stuhl heranziehen ohne es zu merken zwischen einem Holz- und einem Metall-Teil eingeklemmt und sich darauf gesetzt woraufhin ein Drittel des Fingers abgetrennt wurde. Ohne mit der Wimper zu zucken und Schmerzen zu äußern saß er also vor uns. Die Geschichte war kaum zu glauben, aber im Behandlungszimmer entfernten wir den, von ihm selbst angelegten, Verband und tatsächlich war ein Teil des Fingers abgetrennt. Den abgetrennten Teil hatte der Patient noch mitgebracht in der Hoffnung, man könnte ihn annähen, aber das war nicht möglich. Aufgrund seiner Angetrunkenheit spürte er keinen Schmerz. Wir versorgten die Wunde und legten dem Patienten ans Herz ein Spezialkrankenhaus aufzusuchen.

An einem anderen Tag kam eine Mutter mit Sohn (4-Jahre alt) auf dem Rücken in unser Arztzimmer gestürmt. Das Kind schrie und die Mutter war stark geschwitzt den Tränen nahe (völlig unüblich in Tansania). Aus einem anderen Stadtteil kommend hat sie den Jungen bis ins Krankenhaus getragen. Sie erzählte, ihrem Sohn sei ein Mauerstein beim Spielen auf den Fuß gefallen. Wir gingen sofort mit ihnen in ein Behandlungszimmer, legten den Jungen auf die Liege und riefen den OP-Pfleger zum Wunde Versorgen und Nähen.
Schon beim Verband abnehmen schrie der Junge und musste von der Mutter festgehalten werden. Die Wunde, die unter dem Verband zum Vorschein kam war erschreckend. Viel Haut fehlte und man konnte sogar auf einige Knochen sehen. Mindestens ein Knochen war offensichtlich gebrochen.
Um mit dem Nähen der Wunde starten zu können wollten wir die übliche lokale Betäubung durchführen. Doch beim Einführen der Spritze in die Wunde schrie und zappelte der Junge was das Zeug hielt. Drei Personen (Mutter, Ärztin und ich) mussten ihn festhalten, während der Krankenpfleger versuchte ihm die Spritzen zu geben. Es war nur schwer möglich. Der Junge entwickelte Kräfte, die nur schwer zu kontrollieren waren. Deshalb bekam er eine komplette Betäubung und wurde für 30 Minuten zum Schlafen gebracht. Nun war es wesentlich entspannter die Wunde zu versorgen und zu nähen.
Nach der Versorgung musste der Junge erstmal wieder zu sich kommen. Dann ging es für Mutter und Kind zum Röntgen und weiterer Versorgung in ein anderes Krankenhaus.

Dienstag, 9. Juli 2013

Berührende Life-Stories aus dem Nuru-Center



Nach nun 2 ½ Monaten im Nuru-Center habe ich die kreativen Taub-Stummen und körperlich beeinträchtigten Menschen wirklich in mein Herz geschlossen und auch so einiges von ihren Life-Stories erzählt bekommen. Besonders zwei Lebensgeschichten haben mich sehr berührt.

Kevin arbeitet in der Nuru-Bäckerei. Jede Woche kaufe ich ihm leckere Brötchen und ein Brot ab. Aufgewachsen ist er als Straßenkind. Ein Leben ohne Familie, ohne Zuwendung, ohne Schulbildung (keiner war da, um ihm die Gebühren zu zahlen), geprägt von Obdachlosigkeit, betteln, und wenn das Geld nicht reichte und der Hunger zu groß wurde – vom Klauen. Als Jugendlicher wurde er beim Stehlen erwischt und wie es in Tansania leider üblich ist, wird man nicht der Polizei ausgeliefert sodass diese nach einheitlichen Richtlinien den Fall regeln könnte – nein, es wird eingeprügelt. Bei Kevin so heftig, dass ihm beide Beine amputiert werden mussten. Er läuft schwerfällig und langsam mit seinen Prothesen – aber immerhin. Das ist auch nicht selbstverständlich. Im Nuru-Center wurde er als Bäcker angelernt und hat eine 2. Chance im Leben bekommen. Viele Dinge sind für ihn fremd. Zum Beispiel wurde ihm das Begrüßen beigebracht. All die höflichen Floskeln, die hier in Tansania üblicherweise zur Begrüßung ausgetauscht werden und für die Tansanier so wichtig erscheinen. Manchmal kommen wir ins Nuru und Kevin sitzt vor dem Ofen und blättert in der Zeitung. Laura, eine Mitarbeiterin, erinnert ihn – den erwachsenen Mann – fast wie ein Kind doch ganz liebevoll an alles, was er so zum Thema „Höflichkeit und soziales Miteinander“ gelernt hat.


Esther sitzt im Rollstuhl. Obwohl sie erwachsen ist, sieht sie so zerbrechlich und dünn aus, dass man meinen könnte, sie sei noch ein Kind. Obwohl sie ihre Beine angewinkelt hat und auf einem Sitzpolster abstellt (ich weiß gar nicht, ob sie beide Beine ausstrecken kann) ist immer noch Platz im Rollstuhl. So dünn ist sie. Ihr Rücken und ihre Beine wirken etwas verdreht. Ich glaube, einige Knochen sind anatomisch nicht am richtigen Platz. Es ist so bewundernswert, dass sie fast ohne Hilfe so gut klarkommt. Und sie ist so herzlich – so eine freundliche und nette Frau. Wirklich begeisternd.
Zwei Wochen vor unserer Ankunft in Tansania wurde sie für eine Fahrt ins Auto gehoben und bemerkte nebenbei: „Ich bin etwas schwerer geworden.“ Laura schob ihr Bein etwas zur Seite und schaute auf ihren Bauch: „Bist du schwanger?“ Die Antwort war “ ja“. Da sie so dünn ist, hat keiner geahnt, dass sie schon hoch schwanger ist. „Die ersten Wochen behalten wir es noch für uns“ entschieden die Mitarbeiterinnen. Zwei Wochen später bekam Laura eine SMS von Esther: „Ich habe starke Schmerzen und hier ist so viel Wasser…“ Lauras erster Gedanken war: „Oh nein, ist der Wassertank schon wieder kaputt?“ Der Tank hatte einen Riss und darum stand das Nuru-Hostel einige Tage zuvor unter Wasser. Alles schien ordentlich repariert worden zu sein, doch… you never know… Manchmal ist es doch etwas provisorisch und hält nicht lange. Lauras Mann ist Artz und er meinte nur: „Du meintest doch, sie ist schwanger, vielleicht ist die Fruchtblase geplatzt? Fahr lieber mal hin.“ Laura entgegnete nur, dass Esther doch erst seit 2 Wochen schwanger sei bzw. sie es erst seit 2 Wochen wissen würde und dass es nicht möglich sei. Dennoch fuhr sie hin und es war tatsächlich so, dass die Fruchtblase geplatzt war. Zum Glück hat noch alles gut geklappt und sie kam rechtzeitig im OP an. Das Baby ist gesund und munter. Doch nun startete die Tragödie: In Tansania ist es nach wie vor unüblich ein uneheliches Kind zu gebären und allein zu erziehen. Das Nuru-Center ist mit auf dem Gelände einer Kirche und der Pastor, wie auch viele andere, waren entsetzt bzw. auch sehr überrascht, als Esther aus dem Krankenhaus mit einem Baby zurückkehrte. (Manchmal sind 9 Monate Vorbereitung doch nicht so schlecht… und eine Schwangerschaft hatte niemand geahnt.) Der Pastor wollte Esther nun aus der Stadt schicken (eine übliche „Strafe“). Doch Menschen mit Behinderung sind in Tansania sehr wenig angesehen und es finden sich selten Familienangehörige oder Freunde, die sich diesen annehmen. Bei Esther ist die Pflege durch Familienangehörige ausgeschlossen, da beide Eltern bereits an AIDS gestorben sind. Sie und ihre Schwester lebten seit dem Tod der Eltern auf der Straße, bis sie von einer deutschen Straßenkind-Organisation hier in Tansania aufgenommen wurden. Esther wurde im Nuru-Center vorgestellt und hat sich dafür entschieden. Seit dem wohnt sie dort. Das Nuru ist ihr zu Hause geworden, die Taub-Stummen ihre Familie. Und nun sollte sie ausziehen? Mit ihrem Neugeborenen zurück auf die Straße? Die Mitarbeiterinnen des Centers konnten sich zum Glück durchsetzen und klarmachen, dass es für Mutter, wie für das Kind überlebenswichtig ist, hier im Nuru zu wohnen. Wie soll sie denn im Rollstuhl durch die Schlaglöcher kommen, wovon soll sie leben und wo wohnen? Zum Glück ließ sich das Herz des Pastors erweichen und Esther und der kleine Daniel durften bleiben. Und der Kleine ist wirklich süß. Nachdem die große Überraschung erst mal verdaut war, wurde das Baby von allen sehr liebevoll angenommen. Sobald jemand eine kurze Arbeitspause macht – wird sofort Daniel auf den Arm genommen und geknuddelt. :)

Mittwoch, 3. Juli 2013

Kindercamp



Vom 16. bis zum 23. Juni fand ein Kinder-Camp der Afrika Inland Kirche statt. Beate war vor vielen Jahren mit im Komitee zur Erstellung des Konzepts für diese Camps. Diese finden einmal jährlich zeitgleich in ganz Tansania für Kinder im Alter von ca. 8 bis 13 Jahren  statt. Die Kinder übernachten in den Kirchengebäuden oder in großen Häusern, die von reichen Tansaniern zur Verfügung gestellt werden. Tagsüber gibt es Programm in Form von Geschichten, Spielen und Bibelarbeiten.

Für das Camp in unserem Stadtteil waren laut Camp-Leitung 50 Kinder angemeldet. Unsere Aufgabe war es im Vorfeld für jedes Kind einen Stockbrot-Stock zu sammeln und zu schnitzen. Der ein oder andere Tansanier schaute uns Weißen etwas verdutzt zu, wenn wir einen halben gefällten Baum den Weg bis zu unserem Grundstück hinter uns herzogen. Auf unserem Grundstück hat Christian die Stöcke zurecht geschnitzt.



Beate erzählte abends auf dem Camp eine Fortsetzungsgeschichte. Für den Donnerstag durften wir einen Strandtag mit Spielen und Lagerfeuer organisieren. Bei unserem ersten Besuch am Montag im Camp waren jedoch nur 23 Kinder anwesend. Die anderen konnten leider nicht kommen, da einige Schulen noch keine Ferien hatten. Unser mitgebrachter „Dip Song“ kam besonders wegen der dazugehörigen Bewegungen sehr gut an und besonders Christian war für diverse Ballspiele heiß begehrt.




Der Strandtag wurde ein riesen Spaß. Beate organisierte, dass die Kinder Kleidung zum Schwimmen mit dabei hatten. Anders als in Deutschland ist die tansanische Kultur nicht so freizügig, sodass unser Badeoutfit Oberschenkel und Oberkörper komplett bedeckte. Ein Großteil der Kinder und Betreuer sind noch nie schwimmen gewesen weshalb wir drei Weißen die Wasseraufsicht übernahmen. Es war für viele Kinder ein Highlight ins Wasser zu rennen und in den Wellen zu spielen. Die Bucht in der unser Strandabschnitt lag war zum Glück sehr flach, sodass die Kinder ohne Probleme einige Meter ins Wasser gehen und für die Wasserspiele noch sicher stehen konnten.









Unter anderem eiferten die Kids bei einem Wassertransport mit Schwämmen, dem Balancieren einer Muschel auf der Stirn und beim Sandburgen-Bau um die Wette. Das Fangspiel „Wer hat Angst vorm Löwen“ wurde von Kindern wie Mitarbeitern mit vollem Körpereinsatz gespielt. Als es dämmerte versammelten sich alle Kids mit Beate unter den Palmen zur Fortsetzungsgeschichte. 















Danach wurden sie mit dem Lagerfeuer und dem Stockbrotteig überrascht, welches wir derweil vorbereitet hatten. Für Kinder und Mitarbeiter war es das erste Mal, dass sie ein Stockbrot im Feuer brieten und es war einfach schön an ihrer Begeisterung und Aufregung teilzuhaben. Wir hatten eine tolle Gemeinschaft mit den Kindern und viel Spaß an diesem Tag.




Am letzten Sonntag (23.06.) war der Camp-Abschlussgottesdienst. Er ging volle 4 Stunden lang!! Die Kids sangen einige Lieder vor und spielten ein Anspiel. Auch der Dip-Song wurde vorgeführt und wir mussten afrikanisch spontan mit nach vorne kommen und mitsingen.



Am Ende des Gottesdienstes geht der Pastor voraus und einzeln die Gottesdienstbesucher hinterher. Jeder schüttelt Jedem nacheinander die Hand und begrüßt ihn. Da der Saal bis auf den letzten Stuhl gefüllt war, gab es die wahrscheinlich längste Händeschüttel-Aktion unseres Lebens. :-)


Ein abschließendes Gruppenbild darf natürlich nicht fehlen. ;-)

Freitag, 28. Juni 2013

Montessori-Schule


Jeden Freitag bin ich, Steffi in der Montessori-Schule. Dort unterrichte ich Reli in der 6. Und 7. Klasse. Die Montessori-Schule ist eine Privatschule und man merkt schon ziemlich deutlich den Unterschied zu einer staatlichen Schule. Die Schule ist besser ausgestattet und generell besser organisiert. :-)
In der 6. Klasse habe ich 24 Schülerinnen und Schüler und in der 7. Klasse 34.
An meinem ersten Montessori-Tag war ich total baff als ich mich nach dem Pausengong vor die Klasse stellte und ihnen einen "Good Morning" wünschte. Sofort standen alle Schüler auf und antworteten im Chor: "Good Morning Mrs. Steffi". Damit hatte ich nicht gerechnet. :-) Im Laufe der Stunde war ich erneut verblüfft, als durch die offenen Fenster (natürliche Klimaanlage) die Vögel flogen und munter im Gebälk des Klassenraums ihr Nest bauten. „In Deutschland hat man die schwatzenden Kinder, hier in Tansania die laut zwitschernden Vögel im Klassenzimmer“ dachte ich schmunzelnd. Beate meinte nur: „Ach auf dem Dorf hatte ich das schon manchmal, dass eine Herde Ziegen oder Hühner eine Abkürzung nehmen wollten und diese mitten im Unterricht den Klassenraum durchquerten.“ Ok, dann nehme ich doch lieber die Vögel. :-)

Auch wenn die Vorbereitung viel Zeit in Anspruch nimmt, macht das Unterrichten viel Spaß. Die Teens machen gut mit und oft ist auch noch Zeit für eine kreative Umsetzung: Lieder, Bastelarbeiten, Rätsel oder ein Quiz.

Hier ein paar Eindrücke von der Schule:




  

Die Pausenglocke (eine alte Autofelge):


Meine 6. Klasse beim Nachbauen der Stiftshütte (wir hatten Thema Mose):

 


Meine 7. Klasse:
 



 

Die Kids sind wirklich sehr höflich und zuvorkommend. Nach der Stunde helfen sie sofort die Tafel zu wischen, alle mitgebrachten Utensilien zusammen zu packen und tragen uns Tasche und Korb zum Auto. :-)


 Eine Vorschulklasse gibt es auch:




Wir nehmen immer noch eine Tansanierin mit in die Schule. Sie unterrichtet die 5. Klasse und die Schüler lieben sie. Sobald sie merken, dass das Auto aufs Gelände fährt, kommen sie zu Mama (=Frau) Mnjetti angerannt und umarmen sie. Ihr Fanclub ist wirklich unglaublich! :-)




Hier die Schulkantine:

Die gewaschenen Schuluniformen werden getrocknet: